Schattenvorstand: Andere Perspektiven durch Diversität

Von Schattenregierungen, die sich im Hintergrund für den Fall eines Ereignisses, wie der Abwahl der Regierung, bereithält, hören wir immer wieder. Oppositionsparteien rüsten sich so für die rasche Übernahme von Regierungsgeschäften. Ein Schattenvorstand (manchmal auch als ‚Spiegelvorstand‘ bekannt) ist ein weniger bekanntes Konzept, dessen Ziel es aber nicht ist, sich für den Fall der Fälle bereitzuhalten, dass der Unternehmensvorstand zu ersetzen ist.

Vielmehr handelt es sich um ein beratendes Organ, dass sich in unserem Fall aus jüngeren Mitarbeitern ohne Führungsaufgabe zusammensetzt, und dem Vorstand helfen soll, neue Perspektiven aus jüngeren anderen Kundenschichten zu gewinnen. Unternehmen wie Prada und Gucci, die als Firmen in der Modebranche sehr viel rascher auf sich ändernde Trends reagieren müssen, setzen solche Schattenvorstände seit einigen Jahren ein. Prada beispielsweise verpasste den Trend, dass immer mehr junge Modeinteressierte sich von Influencern in ihrer Garderobenauswahl inspirieren ließen. Auch die französische Hotelkette AccorHotel spürte den Druck durch die digitale Plattform Airbnb, die vor allem bei den jungen und reisefreudigen Generationen beliebt ist. Ein Schattenvorstand aus Millennials führte zu neuen Ideen und einem Umschwung.  Gerade in Zeiten, in denen sich viele Unternehmen digitale Transformation an das Fähnchen heften, aber gleichzeitig in der Umsetzung scheitern, können junge und digital affine Mitarbeiter praktische und unmittelbare Einsichten gewähren, die Vorständen oft so nicht vermittelt werden.

Beim finnischen Papier und Verpackungshersteller Stora Enso schlug der Schattenvorstand (firmenintern ‚Pfadfinder‘ genannt) einen alternativen Weg vor, wie Aufgaben und Projekte verteilt werden. Statt sie immer an Experten zu delegieren, wurden Aufgaben, die hausinterne Fachleute nicht lösen konnten, an fachfremde Kollegen verteilt. Wie schon bei der Innovationsplattform InnoCentive stellte sic heraus, dass Fachfremde eine frische Perspektive mitbrachten und alternative Lösungswege fanden.

Solche Schattenvorstände unterscheiden sich von externen Beratern uund Management, und bringen mehrere Vorteile. Es handelt sich bei den Mitgliedern wirklich um andere Generationen mit anderen Visionen, Wünschen und Konsumverhalten. Die Mitglieder sollen dabei nicht notwendigerweise nur aus dem Pool der ‚High Potentials‘ kommen, sondern die Diversität der Belegschaft repräsentieren. Für die Mitglieder eines Schattenvorstandes ist die Sichtbarkeit zum Vorstand und die Gelegenheit zu zeigen, was sie können und das Erlebnis, direkten Einfluss auf den Erfolg des Unternehmens haben zu können, sehr motivierend. Gleichzeitig nutzt das Unternehmen die diversen Erfahrungen und Sichtweisen in der eigenen Belegschaft aus und kann sich damit zukunftsorientierter aufstellen, und das ohne hohe externe Beratungshonorare zahlen zu müssen.

Ein Blick auf andere Perspektiven funktioniert auch in die andere Richtung. Millennials oder Generation Z-Angehörige ist ebenso unbewusst, wie ältere Generationen ticken. Genauso wie für die ‚Boomer‘-Generation Tik Tok ein neues Phänomen gewesen sein und in der Bedeutung unterschätzt worden sein mag, genauso unterschätzen Generation X und Z die Reichweite von Plattformen wie Facebook für die nachfolgenden Generationen. „Verwendet denn noch jemand Facebook?“ aus dem Mund eines Millennials verkennt genauso die Tatsachen wie von Boomern getätigte Aussagen à la „Tik Tok ist doch nur Kinderkram!

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