Schottischer Whiskey im Metall – Teil 2

Erste Container wurden bereits Anfang 1920 eingesetzt. Diese bestanden aus Metallrahmen, die mit Holz verkleidet waren, und teilweise sogar oben offenblieben. Die Größen waren nicht normiert, lagen zwischen zwei und drei Metern und zumeist selten eingesetzt, da die Rückbringung eines leeren Containers Kosten verursachte.

Das sollte sich langsam ändern, als Malcom McLean auf den Plan trat. Er war in eine schottischstämmige Familie hineingeboren und hatte sich nach dem Schulabschluss und jahrelanger Arbeit aus dem Nichts eine Spedition mit hunderten Lastwagen aufgebaut und mit aggressiver Expansion zu einem führenden Transportunternehmen ausgebaut. Sein legendärer Fokus auf Kostenersparnis hatte ihn auch dazu gebracht, bei den Tankstellen entlang der Highways einen Rabatt für seine LKWs herauszuschlagen. Seine Fahrer durften nur an. diesen Tankstellen tanken. Ein Novum in der Speditionsbranche, die bis dahin ihren Fahrern die Wahl gegeben hatte, aber genau das bedeutete wieder zehntausende Dollar weniger an Ausgaben für Treibstoff, die McLean in Form von günstigeren Transporttarifen an seine Kunden weiterreichen und damit die Konkurrenz unterbieten konnte.

Malcom McLean, Port Newark, 1957 – Quelle: Wikipedia

McLeans ständige Suche nach Effizienzsteigerungen und Verbesserungen blieb der Verladeprozess an den Docks nicht verborgen. Seine LKWs waren regelmäßig mit Waren für die Docks beladen, und mussten dort oft stundenlang warten, bis sie an die Reihe kamen und entladen wurden. Diese Tatsache und die Erkenntnis, dass er etwas ändern könnte, führte wohl zum größten Pivot in der Wirtschaftsgeschichte. McLean verkaufte seine Spedition und erwarb mit den Erlösen die Reederei Pan-Atlantic Steamship Company. Und dort begann er seine Vision umzusetzen. Mit zwei gebrauchten Schiffen der US Navy, die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieg um einen Spottpreis zu haben waren, verfolgte er die Idee, die LKW–Anhänger mitsamt Ladung direkt auf das Schiff zu fahren und am Zielort wieder runterzufahren.

Dieser Ansatz wurde allerdings rasch wieder verworfen, aus mehreren Gründen. Zuerst mal erlaubten die LKW-Anhänger wegen der Karosserie und den Fahrgestellen kein Stapeln, und brachten somit nur wenig Kostenersparnis. Auch verlangten die Dockarbeiter, dass die Anhänger nicht nur geöffnet und inspiziert, sondern auch die darauf verladenen Güter einzeln abgewogen werden mussten, um die richtigen Tarife zu berechnen. Damit ging der Kosten- und Zeitvorteil verloren. Und der von McLean angepeilte Gesamttarif, der es Versendern erlauben sollte, einen einheitlichen Tarif von der Abholung am Lager zur Lieferung am Zielort zu bezahlen, war von der Interstate Commerce Commission, einer Behörde die Tarife bestimmte und Lizenzen für Transportrouten für die Eisenbahn, LKWs und Schifffahrtslinien vergab, verboten worden.

Aber es wäre nicht McLean, wenn er sich geschlagen gegeben hätte. Er packte eine modifizierte Idee des Anhängers an, indem er die Anhängerkarosserie entfernte und stattdessen Container entwickelte, die auf einen Tieflader gehoben werden konnten, und die in seine umgebauten Frachtschiffe passten. Hinzu kamen einige glückliche Fügungen. Die New York Port Authority war für die Hafenanlagen in New York und dem benachbarten New Jersey verantwortlich, und versuchte aus der verfahrenen Situation veralteter Docks in Brooklyn und Manhattan, dem geringen Platzangebot für Erweiterungen, die Verkehrssituation auf verstopften Straßen, die zu stundenlangen Verzögerungen bei der Warenanbringung führten und den notorisch streikbereiten Dockern, neue Ansätze zu probieren. Newark auf der westlichen Seite des Hudson Rivers hatte brachliegende Feuchtgebiete, die man zu neuen Hafenanlagen ausbauen konnte. Und die Verkehrsanbindung auf dieser Seite des Hudson war wesentlich besser.

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Nach Sonderverhandlungen mit den Dockern und Ausnahmegenehmigungen fuhr 1956 das erste rein mit Containern beladene Schiff der Pan-Atlantic Steamship Co. – die Idea X – von Newark nach Houston in Texas. McLean und seine Gäste waren beim Ablegen der Idea X in Newark, nahmen dann ein Flugzeug nach Houston und erwarteten dort den Einlauf des Schiffs.

An der Westküste der Vereinigten Staaten blieb das nicht unbemerkt. Auch die Matson Navigation Company in San Francisco, die den Fracht- und Personenverkehr mit Hawaii durchführte, hatte schon daran gedacht. Während McLean diese Sachen, ohne lange nachzudenken anpackte und Probleme löste, sobald sie auftauchten, ging Matson anders vor. Sie heuerten Transportexperten von den Universitäten, die Daten analysierten, Studien erstellten und Vorschläge erarbeiteten. Und 1958 trat die Hawaiian Merchant ihre Jungfernfahrt als Containerschiff an.

Ähnlich wie in New York, wo der Containerhafen nach Newark verlegt wurde, geschah ähnliches in San Francisco. Der erste Containerterminal wurde auf der anderen Seite der Bay Area in Alameda mit dem ersten landgestützten Containerkran eröffnet. Diese Entscheidungen und die Verkennung der Bedeutung von Containern durch die damals bedeutendsten Häfen und Dockarbeitergewerkschaften sollte noch zu einem bösen Erwachen führen. San Francisco, New York, London oder Liverpool zählten Mitte des 20. Jahrhunderts zu den wichtigsten Häfen der Welt. Sie sollten mit der Containerisierung der Frachtschifffahrt an Oakland/Alameda, Newark, oder einen winzigen, im Privatbesitz befindlichen Hafen wie Felixstowe verlieren. Felixstowe ist heute der größte Containerhafen des Vereinigten Königreiches. Häfen, auch wenn sie noch so unbedeutend gewesen mögen, hatten auf einmal die Chance sich als die Frachtzentren zu etablieren. Und viele taten das: Singapur, Newark oder Oakland nutzten sie. Traditionelle Ports wie Rotterdam, Hamburg und Bremerhaven reagierten rasch auf diese Änderungen und konnten sich auch in der jüngeren Vergangenheit als Frachtumschlagplatz behaupten. Aber auch der Hafen von Piräus hat nach der Übernahme durch einen chinesischen Betreiber einen steilen Anstieg des Containerverkehrs erlebt, weil chinesische Frachtschiffe dort anlegen und Waren löschen.

Bevor es dazu kam, dauerte es allerdings mehr als ein Jahrzehnt. Denn trotz der offensichtlichen Vorteile von Container gab es nicht zu vernachlässigende Hürden auf allen Ebenen zu überwinden und erst wenn alle Puzzle-Teile zusammenfielen, gelang es Container die Welt in einer Weise zu ändern, die niemand vorhersehen konnte.


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